Konsortialversammlung I

16.12.2019

Konsortialversammlung I

Startschuss des interdisziplinären KIRAS Forschungsprojekts „K.REX – Knowledge Recognition for Evidence eXtraction“.

Am 16. 12. 2019 wurde in Beisitz aller PartnerInnen die erste Konsortialversammlung des Forschungsprojekts „K.REX – Knowledge Recognition for Evidence eXtraction“ gehalten. Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer Technologie zur Unterstützung der Arbeit von Ermittlerinnen und Ermittlern in der Strafverfolgung. Das Forschungsvorhaben setzt dabei an der Schnittstelle einer Problematik an, deren Lösung eine besonders hohe praktische Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Strafverfolgung verspricht. Denn in Ermittlungsfällen der Strafverfolgung und Kriminalitätsbekämpfung fallen große Mengen an heterogenen Dokumenten (z.B. aus Beschlagnahmen, Konto-Öffnungen) an, die von Ermittlerinnen und Ermittlern gesichtet und hinsichtlich ihrer inhaltlichen (strafrechtlichen) Relevanz bewertet werden müssen. Ohne maschinelle Unterstützung ist das stark steigende Datenaufkommen nicht zu bewältigen. Während der Mensch ganz selbstverständlich Schlussfolgerungen aus Struktur, optischer Anmutung und bildlichen Elementen wie Logos, Stempel oder handschriftlichen Ergänzungen in Dokumenten zieht, bleibt diese Information textbasierten maschinellen Verfahren verborgen. Ist der Text fehlerbehaftet (etwa aus OCR-Verarbeitung) sind die Inhalte damit unter Umständen für eine computergestützte Analyse wertlos – die Dokumente gehen für die Beweisführung verloren.

Der im Projekt K.REX vorgestellte Ansatz soll die menschliche Wahrnehmung der Dokumenten-Anmutung in selbstlernenden Verfahren simulieren und für die Interpretation von Dokumenten nutzbar machen. Text- und bilderschließende Verfahren werden multimodal kombiniert, um die Treffergenauigkeit bei der semantisch reichhaltigen Ableitung von Sachverhalten signifikant zu erhöhen und fehlende oder fehlerhafte textuelle Inhalte zu kompensieren. Effiziente Annotation formalisiert das Wissen der Ermittlerinnen und Ermittler, wobei fallspezifischen Besonderheiten und sich verändernden Betrugsmustern Rechnung getragen wird. Es werden adaptive Lernverfahren erforscht, die eine effiziente Anwendung auf neue Fall-Modelle bei minimalem zusätzlichem Annotationsaufwand ermöglichen. Derartige computergestützte Methoden beeinflussen den Ermittlungsprozess im soziotechnischen Gefüge maßgeblich. Daher werden auch die Aspekte Vertrauen, Verantwortung und Transparenz im Projekt ausführlich behandelt, sowie die Handlungsspielräume der Akteure und die notwendigen ethischen Rahmenbedingungen ausgelotet. Eine begleitende Labor-Evaluierung sorgt für bedarfsgerechte Ausrichtung der Forschung und ihrer Überprüfbarkeit. Durch die erwartete Verkürzung der Falldurchlaufzeiten und qualitative Steigerung der Ermittlungsergebnisse hat K.REX durchaus das grundlegende Potential, den Wirkungsgrad zukünftiger Analyse-Werkzeuge signifikant zu heben.

Laut einer Nutzenanalyse des Bundesministeriums für Finanzen wird durch ein semantisches Analyseverfahren eine drastische Verkürzung der Durchlaufzeiten von 50% erwartet. Zusätzlich wird erwartet die relevante Menge der zu sichtender Daten auf etwa 6% des Ausgangsmaterials zu reduzieren, und eine Entlastung der ErmittlerInnen von Routineaufgaben erwartet. Auch die Erhöhung der Präventiv-Wirkung durch eine effiziente Analyse der großen Datenbestände unter reduziertem Ressourcen-Einsatz sei eine vielversprechende Aussicht, betont Oberstaatsanwalt Matthias Purkart.

Eine Besonderheit des Projekts stellt die Adaptierung eines integrativen Entwicklungsstils dar. Durch die intensive Einbindung der Bedarfsträger wird der Notwendigkeit der Berücksichtigung der Komplexität für die AnwenderInnen Rechnung getragen. Eine der Hauptanliegen des Projekts ist die notwendige Zeitersparnis der ErmittlerInnen – ein großer zeitlicher Aufwand in der manuellen Interaktion muss also vermieden werden. Die Transferierbarkeit der Methoden auf unterschiedliche Fälle ist daher von großer Bedeutung und gleichzeitig eine wesentliche technische Herausforderung.

Indes bietet das Projekt die besondere Möglichkeit, auf hohem Niveau interdisziplinär zu arbeiten, und dabei vor allem auf Synergien zwischen den hohen praktischen Erfahrungswerten der teilnehmenden Bedarfsträger und den akademischen Partner einzugehen. Die bisherigen Forschungsschwerpunkte der wissenschaftlichen Partner des Research Studio Austria, des Instituts für Information Systems Engineering der Technischen Universität Wien als auch des Institut für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Wien können auf einzigartige Art und Weise zu einer gemeinsamen Nutzenstiftung kombiniert und zusammengefasst werden, welche ohne dieses Projekt und die KIRAS-Initiative nicht möglich wäre. Durch die langjährige Erfahrung und technische Expertise bildet der Unternehmenspartner m2n als Konsortialführer und Projektmanager das Bindeglied zwischen Bedarfsträgern und wissenschaftlicher Forschung und steuert technologischen Input, Praxis-Erfahrung und Transferkompetenz bei.

Die Bedarfsträger des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für Justiz und der Finanzmarktaufsichtsbehörde liefern von Beginn an die konkreten und praxisnahen Anforderungen und können die erarbeiteten Laborergebnisse in der iterativen Evaluierung überprüfen, um eine Orientierung der Forschung und Entwicklung an den praxis-relevanten Anforderungen zu gewährleisten, sowie die nötigen Rahmenbedingungen für den Einsatz KI-gestützter Methoden ausloten.

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